Schirmständer

Schirmständer

Eine Dirne lehnt am Mast,
auf das sie auch nichts verpasst.
Sie will heut noch etwas verdienen,
sehr viel mehr, als die anderen Trinen.
Da ist auch schon der erste heiß
und fragt die Dirne nach ihrem Preis.
Die mustert ihn drum kreuz und quer,
spricht drauf: „Nun, so unjefähr
der Wert von eenem Reihenhaus.“
Dem Frager gehen die Worte aus.

Ein zweiter wagt sich nochmal ran
und bietet seinen Ständer an.
Die Dirne lacht und spricht nur keck:
„Nimm bloß deinen Wurm hier weg!
Der is zu lütt und oll und billig.
Da wird nich mal ´n Pantoffel willig.“
Beleidigt stapft der Herr von dannen.
Schon regnet es fast wie aus Kannen.
Die Dirne ist ganz ungeschützt,
wird pitschnaß, rundum bepfützt.
Da kommt ein Jüngling angeschossen –
Straßenkleidung, Sommersprossen –
und hält ´nen Schirm schnell über sie,
bis der Regen ist vorbi.

Die Dirne freut die Freundlichkeit
vom Jüngling, der sie so gefreit.
„Meen Kleena, dit war richtich nett.
Weste wat? Kommst mit ins Bett.
Da is kuschlich, warm und schön.
Tolle Dinge jibts zu sehen.
Und gegen deinen Samenstau,
jibts zum Dank mich mal für lau.“
Der Knabe guckt verdutzt sie an:
„Ick bin doch noch keen richtia Mann.
Ick will nich, det de mir ankieckst
und mich an deinem Busen wiegst.“
„Na jut, nich jetz. Doch ist´s soweit,
zeig ick meene Dankbarkeit.“

Seit diesem Tag, dann wenn es regnet,
der Dirne stumm jemand begegnet,
der mit ihr in dem Haus verschwindet,
wovor sich jener Mast befindet.
Der steht dann einsam, starr und stumm,
verlassen in der Gegend rum.
Für ganz umsonst und alle Zeit,
hält hier wer ´nen Schirm bereit.
(RG0634-200116)

und hier auch noch zum Hören für die Öhren: