Das unendliche „Es“

Das unendliche „Es“

Es flattert die Fahne im eisigen Wind,
es schlachtet der Bauer das heilige Rind,
es brüllt wie am Spieß der Heldentenor,
es bringt manch ein Dummer geniales hervor,

es schwappt hohes Wasser über das Ufer,
es ist oft ein Leiser ein ganz lauter Rufer,
es trippelt und trappelt der Regen ein Lied,
es bewegt und erregt sich manch hängendes Glied,

es bummelt und fummelt die forschende Jugend,
es entdeckt der Verbrecher eine spontane Tugend,
es brabbelt und sabbelt ein Baby vor Glück,
es fährt eine Bahn meist hin und zurück,

es torkelt ein Trinker gar trunken durchs Bild,
es jagt und erlegt der Waidmann das Wild,
es trampelt ein Huftier beseelt durch die Gegend,
es bewegt sich manch Dame nahezu schwebend,

es gründelt die Ente kopfüber im See,
es gibt Eskimos, die hassen den Schnee,
es tanzen die Nonnen trotz Zölibat,
es gibt die Männer in glatt und behaart,

es schillert Benzin wie ein Regenbogen,
es hat ein Gewinner ne Niete gezogen,
es haben wohl alle ein irdisches Ende,
es fehlen der Seele die schützenden Hände,

es züngelt die Flamme an trockenem Holz,
es stirbt manch Beziehung an falschem Stolz,
es stiehlt der Dieb einem Nerven und Zeit,
es springet das Reh oft höher als weit,

es rauschet die Mühle und klappert das Dach,
es ist manch Experte garnicht vom Fach,
es hütet die Glucke ihre Familie,
es schwimmt in der Suppe ein Bund Petersilie,

es vertut sich der Spieler am drehenden Roulette,
es wünscht sich ein Alter nen jüngeren ins Bett,
es prickelt der Champus im hohen Glas,
es werde das Wasser bei Hitze zu Gas,

es windet die Winde sich um einen Ast,
es gibt Überflieger, die haben einiges verpasst,
es brutzelt der Braten im eisernen Bräter,
es kommt manch zu früher einfach mal später,

es summt die Hummel brummelnd dahin,
es hat auch die Dirne nur eines im Sinn,
es bietet die Chance ein neues Ziel,
es ist oft ein Anteil vom Ganzen schon viel,

es kommt meist im Zweifel nicht darauf an,
es kann gar egal sein, ob Frau oder Mann,
es hat schon ein Krieger den Frieden gebracht,
es ist Sieben Uhr Dreißig oder halb Acht,

es ferkelt die Bache quiekend im Stall,
es bringt manch ein Kiesel nen Läufer zu Fall,
es rumpelt und pumpelt in meinem Darm,
es ist grade kalt und gleich darauf warm,

es splittert ein Holz durch heftigen Schlag,
es folget die Nacht auf jeden Tag,
es braucht garnicht viel, um glücklich zu sein,
es brennt manche Kerze in helllichtem Schein,

es fügen sich Teile oft zu nem Ganzen,
es sind einige Schöne gar schreckliche Schranzen,
es fährt eine Elfe auf hölzernem Kahn,
es hobelt der Hobel den sich rollenden Span,

es steigt überm Moor auf der dichte Nebel,
es schaltet manch Steller den falschen Hebel,
es ächzet die Brücke unter der Last,
es hat schon ein Reicher seinen Zaster verprasst,

es trudelt dein Sein bunt durch die Welt,
es hat auch ein Hund sich zu ner Katze gesellt,
es scheint etwas Grades nahezu krumm,
es wechselt was Schlaues sehr schnell zu dumm,

es blinkt die Girlande stumm zu Silvester,
es ist die Cousine die Tante der Schwester,
es stirbt ein Gedanke oft mit der Zeit,
es dehnt sich was Dünnes in Richtung breit,

es ist grade noch Sommer und gleich darauf Winter,
es steht was davor und genauso dahinter,
es meuchelt der Mörder berechnend ein Wesen,
es gibt viele Menschen, die können nicht lesen,

es schwirren die Fliegen um eine Leiche,
es gibt schokobraune genauso wie bleiche,
es zwirbelt ein Wirbel durchs offene Meer,
es gibt viele Köpfe, die sind einfach nur leer,

es schlagen die Wellen am Land an mit Gischt,
es brennt die Kerze, bis sie erlischt,
es fröstelt den Frierer wegen der Kält´,
es ist oft ein Mensch die ganze Welt,

es klickert und tickert die Kuckucksuhr,
es zwickelt und zwackelt in einer Tour,
es schleicht eine Blinde um die Taube am Dach,
es gibt sich der Stärkste auch eimal schwach,

es kommt, wie es kommt, so wie es muß,
es schwafeln die meisten dauernd nur Stuß,
es klagen die Kläger Beschuldigte an,
es fliegt ein Komet auf einsamer Bahn,

es ist viel zu früh, um aufzugeben,
es ist nie zu spät, um anfangen zu leben,
es braucht sehr viel Zeit, um sich kennen zu lernen,
es entsteht manchmal Nähe aus schnellem Entfernen,

es kann garnicht sein, was nicht sein darf,
es gibt grüne Schoten in fürchterlich scharf,
es bimmelt die Glocke im Kirchenturm,
es frisst sich durch Früchte gar schmatzend ein Wurm,

es hat bitter nötig der Arme die Spende,
es juckt viermal täglich die männliche Lende,
es kreuzen sich häufig einsame Wege,
es stapeln sich beiläufig Rechnungsbeläge,

es wiederholt sich so vieles fast monoton,
es brutzelt der Braten – das hatten wir schon,
es biegen sich Halme mit vollreifem Korn,
es gibt hier kein Ende, drum nochmal von vorn…
(RG1085-230918)

und hier auch noch zum Hören für die Öhren: