Rundgang zur Nachtruh

Rundgang zur Nachtruh

Ich hab noch keine Lust jetzt schlafen zu gehen,
denn hier in der Straße gibt’s zu viel zu sehen.
Verrückte, Beglückte, soweit das Auge reicht,
ein netter Jüngling, der´n Erbe erschleicht.
Leise und Laute und Touristentrupps,
Opa gibt Oma bei Rot einen Schubs,
welche in Leder und welche halbnackt,
welche ganz sauber und welche bekackt,
geschniegelt, gebiegelt und auch parfümiert,
Dumme und Schlaue – Jahrzehnte studiert,
dicke und dürre und Muskelmänner,
Models und Reiche und auch einige Penner,
Hunde und Katzen und Kanarienvögel,
Kisten und Tische und andere Möbel.
Das Klingeln der Räder, das Hupen der Autos,
Geschreie, Gestampfe und manches auch lautlos,
Babys und Greise und welche dazwischen,
die meisten von Ihnen wollen dem Alltag entwischen,
vereinte, entzweite, Singles und Dreier,
Nutten und Stricher und all ihre Freier,
Begehrte, Entehrte und Fahnenflüchtige,
faule, gefräßige und einige tüchtige,
Geschwätzige, Verschwiegene, Blinde und Taube,
Heilige – gänzlich ohne jeden Glaube,
Schwarze, Weiße und auch Vermischte,
gerade Linien, genau wie verwischte,
Gerüche, manch Flüche und quäkige Stimmen,
die die allerhöchsten Lagen erklimmen,
Lichter, Gesichter, Glatzen und Haare,
sitzend, laufend, sogar auf der Bahre,
mal essend, mal saufend, die Menschenmenge
wuselt umher in emsigen Gedränge.

Das bunte Treiben macht mich ganz kirre,
drum such ich das Weite und entschwirre
zu meiner Wohnung. Der Abend war nett,
und nun geh ich schlafen, direkt in mein Bett.
(RG0390-180214)

und hier auch noch zum Hören für die Öhren: