Erst leer, dann voll

Erst leer, dann voll

Es zu verschweigen, wäre fatal.
Ein leeres Blatt ist eine Qual,
es ist ja unberührt und rein,
lädt jedermann zum kritzeln ein,
ruft gänzlich unverhohlen keck:
„Nimm mir meine Unschuld weg!
Schreib mich voll mit wildem Schund,
male mir mein Antlitz bunt,
laß mich bloß nicht liegen hier,
wie derbes, olles Packpapier!“

Man sitzt davor, will etwas schreiben.
Denkt kurz nach. Die Worte bleiben
dabei meistens ohne Sinn.
Egal, man schmiert sie trotzdem hin.

Das Blatt, es füllt sich, Gott sei Dank.
Das Weiße ist nun nicht mehr blank,
der Hohn der Leere längst verflogen.
Bleistift, Tinte, Farbe zogen
ein ins triste Einerlei.
So entstand manch Malerei.

Das Tintenfass, es ist nun leer,
die Farbe auch, na bitte sehr.
Zum Ende hin wird’s noch mal toll,
denn Ruh´ kehrt ein, das Blatt ist voll.
(RG0053-210205)

und hier auch noch zum Hören für die Öhren: